In 45 Berufsjahren „Menschlichkeit gelebt“
Der Beruf wurde zur Berufung
„Renate Stauche, Leiterin des Kindergartens, betritt den Raum. Sofort sind einige Kinder bei ihr und wollen Neuigkeiten aus der Welt der Murmelrennen loswerden. Geduldig hört sie ihnen zu.“ CZ-Redakteur Michael Ende schrieb diese Zeilen anlässlich der Eröffnung des DRK-Kindergartens „An der Breite“ im Spätsommer 1994 in Eschede. „Papierkram gehört zu ihrem Job, doch viel lieber ist sie mittendrin im Gewusel der ‚Elefanten‘-, ‚Clown‘- und ‚Zwergengruppe‘, das merkt man ihr an“, fährt er fort.
28 Jahre später sitzt Renate Stauche auf einer schattigen Bank im Außengelände desselben Kindergartens, der mittlerweile „Eschennest“ heißt. Wieder umringen die Kleinen sie, wollen erzählen oder überreichen Dinge, die sie gerade gefunden haben. „Es war mein zweites Zuhause“, sagt die Pädagogin. Sie hat ihm mit seinen wechselnden kleinen Bewohnern über die Jahrzehnte hinweg fast ihr gesamtes Berufsleben gewidmet, die pädagogische Arbeit geprägt, Kinder behutsam herangeführt an die Schulzeit, ihnen schöne Erinnerungen mit auf den Lebensweg gegeben.
1989 nahm die gebürtige Eschederin ihre Tätigkeit als Erzieherin auf, 1992 wurde sie zur Leiterin ernannt und ein Jahr später vor eine riesige Herausforderung gestellt. Das Gebäude an der Rebberlaher Straße brannte ab. Sie meisterte gemeinsam mit ihrem Team den Übergang und Start im neuen Haus am „Arno-Schmidt-Weg“. Umbau- und Erweiterungspläne stehen fast 30 Jahre später wieder an, kein Thema mehr für Renate Stauche. Der 30. Juni war ihr letzter Arbeitstag nach 45 Berufsjahren. „Ich hatte einen wahren Abschiedsmarathon“, blickt sie lachend zurück auf die liebe- und phantasievoll gestalteten Veranstaltungen und Partys, die die Kolleginnen in Eschede, allen voran ihre langjährige Weggefährtin und Stellvertreterin Barbara Schindel, aber auch die Zweigstelle in Höfer für sie auf die Beine gestellt haben.
Ketija Talberga hob in ihrer Rede auf einen der sieben Grundsätze des Roten Kreuzes ab, Renate Stauche habe „Menschlichkeit gelebt“, sagte sie in ihrer Eigenschaft als Vorstand des DRK-Kreisverbandes. Sowohl im Hinblick auf die Kinder als auch auf Eltern, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wird dieses Leitmotiv im Gespräch mit der Pädagogin spürbar. „Ich gebe weiter, was meine Eltern mir an Stärke geschenkt haben“, berichtet sie. Eine behütete und dennoch sehr freie Kindheit hat sie in Eschede mit zwei Geschwistern und Eltern erlebt, die so umsichtig waren, dass sie ihrer Tochter erst nach bestandenem Einschulungstest mitteilten, dass es sich bei den zu lösenden Aufgaben um einen solchen gehandelt habe. Sie hätte das Abitur machen können, die Zusage des KAVs lag vor, doch für das junge Mädchen stand nach Beendigung der Realschule fest: „Ich werde Erzieherin!“
Ein Entschluss, den sie trotz Höhen und Tiefen - die beiden Corona-Jahre gehörten dazu – nie bereut hat. Zum Abschluss sagt sie, was der Tenor des CZ-Artikels aus ihren Anfangsjahren bereits vorwegnahm: „Mein Beruf ist meine Berufung!“
Text und Fotos: Anke Schlicht